Scheunenkirche Wilmersdorf

Beitragsbild: Dietrich von Buch

Logo Offene Kirche
Steckbrief
16278 Angermünde OT Wilmersdorf Uckermark
Die ursprüngliche Kirche aus dem 13. Jh. wurde infolge der Kriege zwischen Pommern und Brandenburg 1469 zerstört. Die heutige Fachwerkkirche wurde als Förstereischeune um 1860 errichtet. Der Umbau zur Dorfkirche erfolgte 1936 durch den Gutsherrn und Kirchenpatron Alexander von Buch und seiner Frau Anna. Die Inneneinrichtung stammt aus der Zeit des Umbaus. Die Deckenbemalung wurde von dem in Angermünde geborenen Kunstmaler Erich Kistenmacher aus Berlin ausgeführt. Die Glocke stammt aus dem Jahr 1888 und wurde in der Gießerei Voß in Stettin gegossen. Schlüssel bei D. von Buch, Tel. 033334-70171, oder Y. Kölsch, Tel. 0152-2323 4237

Förderverein Scheunenkirche Wilmersdorf e.V.https://scheunenkirche.de/

Angaben korrigieren oder ergänzen

    Angaben korrigieren oder ergänzen

    Wir prüfen die Informationen und behalten uns die Veröffentlichung vor. Die Daten werden elektronisch gespeichert. Sie werden nicht für weitere Angebote verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

    Scheunenkirche Wilmersdorf
    Dorfkirche des Monats Januar 2019, August 2023

    „Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 ** im Olympiajahr“

    Wilmersdorf liegt in der südlichen Uckermark im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin unweit der Autobahnabfahrt Pfingstberg. Das 2003 in die Stadt Angermünde eingemeindete, heute um die 220 Einwohner zählende Straßendorf wurde schon in der Mitte des 13. Jh. gegründet und wird 1321 erstmals urkundlich erwähnt. Die mittelalterliche Dorfkirche fiel 1469 wohl im Zuge des Stettiner Erbfolgekrieges einer Brandschatzung zum Opfer. Noch heute vermisst der Besucher einen Kirchturm im Dorf.

    Die Dorfchronik gibt keine klare Auskunft, warum die Kirche über mehr als 450 Jahre nach ihrer Zerstörung nicht wieder aufgebaut wurde. Gesichert ist, dass das Rittergut Wilmersdorf 1626 von Friedrich von Buch erworben wurde. Nach dessen Tod wurde das Dorf wiederholt verpfändet, aber seit 1737 befand sich das Gut Wilmersdorf im ununterbrochenen Besitz der Familie von Buch bis zur Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg. Die erhaltene Bronzeglocke von 1888 ist kein Beweis, dass es seinerzeit eine Kirche in Wilmersdorf gab. Sie hing nämlich in einem Gerüst frei auf dem Dorfplatz. Berichtet wird, dass Gottesdienste in privaten Räumen, im Schulhaus oder in der Gärtnerei stattfanden.

    In den 1930er-Jahren erweiterten Alexander und Anna von Buch die Gutsanlagen. Die Patronatsfamilie beabsichtigte, eine neue Dorfkirche zu stiften. Aber der Antrag eines Kirchenneubaus wurde 1935 von der zuständigen Behörde abgelehnt. Es wird vermutet, dass diese Entscheidung ein Resultat der im Grunde kirchenfeindlichen nationalsozialistischen Religionspolitik war.

    So kam es, dass eine von der Straße zurückliegende geräumige Fachwerkscheune, in der früher die Rückpferde der gutseigenen Försterei untergebracht waren, zu der von außen nicht als Sakralbau erkennbaren „Scheunenkirche“ umgebaut wurde – eine wohl einmalige Lösung. Der westliche Giebel, die Altarwand, wurde in Backstein erneuert. Auf der östlichen Seite wurde ein Leichenraum abgetrennt. Der Fußboden erhielt eine Dielung und die Decke eine Holzverschalung.

    Der aus Angermünde stammende Berliner Maler Erich Kistenmacher dekorierte die Decke, die Kanzel und das Patronatsgestühl in Anlehnung an die traditionelle, farbenfreudige Bauernmalerei. Kistenmacher bemalte nur die zurückliegenden Bretter der Deckenschalung, so dass zahlreiche in Ost-West-Richtung laufende farbige Bänder entstanden. Sie sind dicht gefüllt mit Blumen, Blättern, Ähren und Weinranken. In die Bänder eingefügt sind säkulare und christliche Symbole, Kreuze, Sterne, Herzen – und immer wieder das Wilmersdorfer „W“. Eingebettet in den Pflanzenschmuck der Bänder sind Bibelsprüche und Choralanfänge, die Anna von Buch persönlich ausgewählt haben soll und deren Anordnung im Raum wohlbedacht ist. Über dem Altarkreuz liest man: „Der Herr ist nahe“. Über der Kanzel findet sich die Mahnung: „Predige das Wort!“. Über der Taufe: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!“ Über den Bankreihen: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein!“ Und über dem Patronatsgestühl: “Ein feste Burg ist unser Gott.“ Am Eingang zum Kirchenraum ist an der Decke vermerkt: „Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 ** im Olympiajahr“. – Die Texte lassen erkennen, dass das Stifterpaar in einer Zeit, in der der Nationalsozialismus sich weltoffen und friedlich gab und in der die breite Strömung der „Deutschen Christen“ das Evangelium mit dem Nationalsozialismus vereinbar zu machen versuchte, am althergebrachten protestantisch-christlichen Glauben festhalten wollte.

    Nachdem ein umfangreicher Maßnahmen- und Finanzierungsplan der Kirchengemeinde zur Erneuerung der Dacheindeckung sowie zur Fußboden- und Balkensanierung der Scheunenkirche am Ausfall des Finanzierungsbeitrags des Kirchenkreises gescheitert war, gründete sich 2018 zum denkmalgerechten Erhalt und zur erweiterten Nutzung der Wilmersdorfer Scheunenkirche ein Förderverein. Günter Simon, der damalige, und Dietrich von Buch, der heutige Vorsitzende des Vereins, sowie Ehefrau Ute weisen darauf hin, dass mit wenig Geld und viel Selbsthilfeleistungen die dringendsten Instandsetzungsmaßnahmen ausgeführt werden konnten. Im Altarbereich wurde die marode Dielung erneuert, so dass der aktive Chor wieder sicheren Boden unter den Füßen hat. Und der Nebenraum wurde für den außerschulischen Religionsunterricht hergerichtet.

    Große Sorge machen unverändert Undichtigkeiten der Dacheindeckung. Es zeigen sich an der bemalten Decke über dem Kirchenraum bereits Wasserflecken, die das Kunstwerk gefährden. Aktuell erhält die Holzdecke auf der Seite des Dachraums einen Schutzboden und die Dachpfannen werden unterseitig durch Kalkmörtel gegen Schlagregen und Flugschnee abgedichtet. Die Kosten betragen 12.000 Euro. Der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Bandenburg e.V. beteiligt sich an der Finanzierung. Spenden für diese und weitere dringende Instandsetzungsmaßnahmen sind hochwillkommen.

    Weitere Informationen:
    Dietrich von Buch, Förderverein Scheunenkirche Wilmersdorf e.V., Tel. 033334 – 7 01 71

    Mail: post@scheunenkirche.de

    Spendenkonto:   Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.
    Evangelische Bank – IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90
    Verwendungszweck: Scheunenkirche Wilmersdorf

    Beachten Sie, dass die folgenden Informationen möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

    Erstmalig urkundlich erwähnt wird der Ort Wilmersdorf – knapp 15 Kilometer nördlich von Angermünde und seit einigen Jahren zu dieser Stadt auch eingemeindet – in einer Urkunde des Jahres 1321. Als 1393/94 in Stettin ein „Ketzerprozess“ gegen in der Uckermark wirkende Waldenser geführt wird, sind unter den Verurteilten auch Bürger aus Wilmersdorf.

    Ein Kirchengebäude ist in dem Straßendorf auf den ersten Blick schwer ausfindig zu machen; und so mancher suchte schon vergeblich. Man muss schon etwas genauer hinsehen, um – von Angermünde kommend auf der linken Straßenseite, gegenüber dem „Gartenlokal Rexin“ – eine grob gezimmerte Holzkonstruktion zu entdecken, die von einem Kreuz bekrönt ist. Das dahinter gelegene Fachwerkgebäude ist, eingewachsen zwischen Bäumen, noch immer nicht als Gotteshaus erkennbar.

    Dass es in Wilmersdorf ein mittelalterliches Kirchengebäude gegeben haben muss, darauf weist ein Eintrag im Landbuch Kaiser Karls IV. aus dem Jahr 1375 hin, in dem vier Pfarrhufen erwähnt sind, die auf das Vorhandensein eines Predigers in dem Dorf hinweisen. Zudem sind auf dem heutigen Friedhof noch alte Feldsteinfundamente zu entdecken. Der Überlieferung nach soll die Wilmersdorfer Kirche im Jahr 1469 zerstört worden sein, als pommersche Truppen einen Raubzug ins Brandenburgische unternahmen. Um 1600 wird Wilmersdorf vom Pfarrer im nahen Steinhöfel betreut; ausdrücklich wird erwähnt, dass der Ort über kein Kirchengebäude verfügt. Gottesdienste fanden im Küster- und Schulhaus statt, auf Anweisung des Patrons Alexander von Buch wurde 1882 im Gärtnerhaus ein Gottesdienstraum eingerichtet.

    Erst in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde über einen Kirchenneubau nachgedacht. Der damalige Gutsherr, ebenfalls ein Alexander von Buch beantragte eine Baugenehmigung, die jedoch von den Behörden abgelehnt wurde. Daraufhin ließ er die alte Försterscheune – ebenjenen oben erwähnten Fachwerkbau – zur Kirche ausbauen. Verändert wurde lediglich der Innenraum; das bescheidene Außenbild blieb erhalten. Die Ausmalung im Stile einfacher Bauernmalerei übernahm der Kirchenmaler Erich Kistenmacher aus Berlin, über dessen Leben und weiteres Wirken leider sehr wenig bekannt ist. Kistenmacher versah die gerade Holzdecke des Kirchenraumes mit floralen Ornamenten, zwischen denen Bibel- und Liedverse angeordnet sind. So findet sich zum Beispiel über dem Taufbecken der Vers „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ (Matth. 19,14), an anderer Stelle ist zu lesen „Gott ist die Liebe“. Nahe vom Eingang erinnert eine Inschrift an die Entstehungszeit: „Zur Dorfkirche ausgebaut 1936 im Olympiajahr.“

    Die Wilmersdorfer „Scheunenkirche“ stellt in ihrer Region ein einzigartiges Kulturdenkmal dar, zeugt es doch auch vom passiven Widerstand gegen das Kirchbauverbot in der Zeit des Nationalsozialismus. Zudem diente es einer aktiven Kirchengemeinde über Jahrzehnte als gut genutztes Gotteshaus.

    Im Jahr 2000 wurde eine Sanierung der Südfassade nötig. Spätere Untersuchungen ergaben jedoch am gesamten Gebäude massive Bauschäden: Balkenköpfe und etliche Ständer in der Fachwerkkonstruktion sind stark vom Echten Hausschwamm befallen. Zudem ist wegen eindringender Feuchtigkeit eine Reparatur des Kirchendaches vonnöten. Im vergangenen Jahr bestand Hoffnung auf notwendige Instandsetzungsarbeiten: Mittel aus einem europäischen Förderprogramm für die Entwicklung des ländlichen Raumes waren bereits bewilligt worden. Nur konnten diese nicht abgerufen werden, da der notwendige Eigenanteil von der Gemeinde nicht aufzubringen war. Eine zeitgleich notwendig gewordene Reparatur des Kirchturms im benachbarten Greiffenberg besaß Priorität.

    Die Enttäuschung über diese Entscheidung in Wilmersdorf war groß. Als Reaktion formierte sich im November 2018 ein Förderverein, der sich für die Zukunft der Wilmersdorfer „Scheunenkirche“ einsetzen und langfristig ihre Instandsetzung erreichen will. Nach einer Zeit der Stagnation finden wieder regelmäßig Gottesdienste statt. Für das neue Jahr sind weitere Veranstaltungen geplant. Der Förderkreis Alte Kirchen, der an Gründung des Vereins beteiligt war, wünscht bei der schwierigen Aufgabe der Rettung der Wilmersdorfer Kirche viel Erfolg!