Ein besonderer Wegbegleiter

Bernd Janowski und sein Engagement um die Bewahrung Brandenburgischer Kirchen

Dieser Text erschien erstmalig 2012 im Heimatkalender Prenzlau des Uckermärkischen Geschichtsvereins zu Prenzlau e.V. und wird hier mit freundlicher Genehmigung der Autorin nachgedruckt.

Ein kleines Dorf in der Uckermark – eines von vielen hier – beschaulich, gemütlich, landschaftlich schön gelegen, etwas abseits der großen Straßen – das ist Melzow. Vor einigen Jahren hat es Bernd Janowski hierher verschlagen, ausgerechnet Melzow. Das rote Backsteinhaus in der Ortsmitte mit den Stockrosen neben der blauen Eingangstür hat Charme. Schaut man aus einem Giebelfenster im Dachgeschoss, fällt der Blick direkt auf die alte Dorfkirche. Nicht von ungefähr hat sich Bernd Janowski hier sein Arbeitszimmer eingerichtet. Das Stück eines alten Holzbalkens aus der Wartiner Kirche hat er dort zur Reparatur des Fachwerks eingebaut – viel älter als das eigene Haus. Spätere Generationen werden sich wundern, meint er mit einem verschmitzten Lächeln. Sehr engagiert hat er mit seiner Frau Dorothea das Haus saniert. Früher versorgten sich die Menschen in diesem Dorf selbst, gab es Handwerk und prosperierenden Handel. Heute kommen Frischemobil und Bäckerwagen. Man muss mobil sein, im hier leben zu können, bzw. wie Bernd Janowski gut zu Fuß sein, um den drei Kilometer entfernten Bahnhof Warnitz zu erreichen. Der 54jährige hat kein Auto und ist dennoch in den entlegensten Orten Brandenburgs unterwegs. Dort trifft er Menschen, die sich – ob kirchenfern oder – nah – ein gemeinsames Ziel gesetzt haben. Im Landkreis Uckermark gibt es inzwischen 34 Vereine, die sich um die Erhaltung der Kirchengebäude bemühen. Ganz unterschiedlich sind die Beweggründe, die die Menschen in den letzten 20 Jahren in den Vereinen zusammengeführt haben. Letztlich ist ihnen jedoch allen an der Bewahrung des kulturellen Erbes und einer einzigartigen Kulturlandschaft gelegen.
Bernd Janowski hat die Gründung dieser Vereine mit initiiert, hat das Augenmerk der Menschen vor Ort auf die architektonische Besonderheit und die künstlerischen Kostbarkeiten gelenkt und sie ermutigt, sich für deren Erhalt einzusetzen.
Seit dem Jahr 2000 ist Bernd Janowski Geschäftsführer des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V. Sein Interesse für historische Bauwerke und die Denkmalpflege hat der freischaffende Fotograf zum Beruf gemacht. Vermutlich hat ihn bereits seine frühere Heimat um Ziesar mit ihrer geschichtsträchtigen Atmosphäre geprägt, als er dort das Abitur machte. Geboren ist er in Güsten, einem kleine Ort bei Staßfurt; seine Kindheit verbrachte er in Lehnin – auch hier scheint die Klostergeschichte ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Zu Beginn der 1990er Jahre bekam Bernd Janowski Kontakt zum Vorsitzenden des Förderkreises Alte Kirchen Marburg e.V., Angus Fowler. Mit seiner Hilfe konnte er bald seine persönlichen Interessen auch beruflich umsetzen. Von ihm lernte er Vieles, vor allem Fachliches. Es ist bewundernswert, über welch reiches Wissen zur Kirchen- und Religionsgeschichte er inzwischen verfügt. Dazu gehören auch kleine Geschichten und Begebenheiten, die sich um die Entwicklung einzelner Kirchengebäude ranken.
Als sich vor 21 Jahren der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V. (FAK) gründete, war Bernd Janowski Mitbegründer des Vereins, in welchem er damals zunächst ehrenamtlich tätig war. Früh suchte er auch den Kontakt zur unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Uckermark, sind doch die meisten Kirchen in der Uckermark als Denkmale geschützt. Zu den Aufgaben, die sich der Verein von Anfang an stellte, gehörte in der ersten Linie die Förderung der Sicherung und Erhaltung der Kirchengebäude, aber auch die Suche nach geeigneten und vor allem angemessenen Nutzungen für die sakralen Bauwerke. Der FAK finanziert sich ausschließlich aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und dem Verkauf von eigenen Publikationen. Zum Angebot des FAK gehören auch abwechslungsreiche Projekte, die im Laufe der letzten Jahre ins Leben gerufen wurden und die sich inzwischen fest etabliert haben. Viele Menschen werden dadurch ermutigt, an den vielfältigen Veranstaltungen teilzunehmen, aber auch selbst mitzuwirken.
Ein solches Projekt, das jährlich die Kirchen mit Leben füllt, hat sich in Zusammenarbeit des FAK und dem Landesmusikschulverband Brandenburg entwickelt. „Musikschulen öffnen Kirchen“ – eine Chance für Viele. Musikschulen präsentieren sich mit künstlerisch auserlesenen Programmen und erfreuen ein breit gefächertes Publikum. Musikalischen Talenten wird hier die Plattform geboten. Auch die Kirchengebäude partizipieren von diesen musikalischen Höhepunkten, werden doch die Einnahmen aus den Veranstaltungen für die anstehenden Sanierungs- und Restaurierungsaufgaben zur Verfügung gestellt. Bei der Umsetzung des Projektes „Musikschulen öffnen Kirchen“ wird Bernd Janowski von seiner Frau, die die Uckermärkische Musik- und Kunstschule „Friedrich Wilhelm von Redern“ in Angermünde leitet, tatkräftig unterstützt. So bestreiten auch uckermärkische Musikschüler jährlich mehrere Konzerte in dieser Veranstaltungsreihe.
Eine öffentlichkeitswirksame Arbeit wird im FAK ohnehin großgeschrieben. Das zeigen die zahlreichen Publikationen, die in den letzten Jahren herausgegeben wurden. Große Beliebtheit erfreut sich die jährliche Broschüre „Offene Kirchen“, die einerseits interessante Beiträge und Interviews und andererseits einen guten Überblick über die Vielfalt der brandenburgischen Dorfkirchen und die „Denkmalhüter“ vor Ort bietet. Ein weiteres Projekt, welches erst 2009 in Zusammenarbeit des FAK mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und Schlesische Oberlausitz und dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum initiiert wurde, stellt die barocken Taufengel in den Mittelpunkt. Die Spendenbereitschaft für die Aktion „Menschen helfen Engeln“ war von Anfang an enorm und half vielen das Schöne in ihren Kirchen erkennen.
Neben Zuschüssen für die Instandsetzung und Restaurierung der Kirchengebäude gibt der FAK auch finanzielle Unterstützung für die Fördervereine. So können neu gegründete Vereine das „Startkapital für Kirchenfördervereine“ beim FAK beantragen. Mit dieser Anschubfinanzierung soll die weitere Arbeit der Vereine gesichert werden.

Foto: R. Mundzeck

Die Früchte der intensiven Arbeit Bernd Janowskis und des FAK spiegeln sich in der öffentlichen Würdigung und Anerkennung wider. Im Jahr 2002 wurde der FAK mit dem Denkmalpflegepreis des Landes Brandenburg ausgezeichnet. Im Februar 2011 wurde Bernd Janowski die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Der unermüdliche Einsatz hat sich gelohnt und viele Personen aus Politik und Behörden auf die kostbaren Schätze unserer Vergangenheit aufmerksam gemacht. Aber auch die Kirchengemeinden und die Menschen vor Ort wurden sensibilisiert und haben gelernt, mit ihren Kirchengebäuden besonnen zu leben und die erstaunliche Arbeit unserer Vorfahren zu achten.
Dank der Erfahrungen und Kontakte Bernd Janowski fanden sich Menschen auch dort zusammen, wo längst aufgegebene Kirchengebäude der baulichen Sicherung harrten. Viel Überzeugungsarbeit war dafür notwendig, aber auch Bereitschaft zur gemeinsamen Überlegung. Der intensive Gedankenaustausch mit den Menschen vor Ort und die Beratung des FAK führt zu einem Geben und Nehmen, das weit über die Grenzen der Uckermark hinaus reicht.
Wie viele Kilometer Bernd Janowski im Sinne der Erhaltung brandenburgischer Kirchen in den letzten Jahren zurückgelegt hat, bleibt offen. Am Ende eines arbeitsreichen Tages zieht er sich jedoch immer wieder in Melzow zurück. Gemeinsame Stunden mit seiner Frau und oft auch das gemütliche Zusammensein mit Freunden bringen den Ausgleich zur Arbeit. Und am „Wietblick“ geht langsam die Sonne über dem Oberuckersee unter.


Dietlind Zeiger

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