Dergenthin lädt ein
Musikschule Perleberg eröffnet 750. Dorfjubiläum in der Kistenmacher-Kirche


Ein Blick in das Faltblatt „Musikschulen öffnen Kirchen“ lohnt sich: Unbekannte Kirchen öffnen sich den Sommer über und laden zu besonderen Konzerten ein. Gleichzeitig lernen die Schülerinnen und Schüler, wie leicht sie mit ihrem Spiel die Herzen der Zuhörer erreichen und wie dankbar diese die Darbietung genießen.
Schon länger stand auf der Wunschliste ein Besuch der Dergenthiner Kirche bei Perleberg in der Prignitz, um dort die im Jahr 1920 erschaffene Ausmalung von Erich Kistenmacher zu betrachten. Vermutlich handelt es sich um ein Auftragswerk des damaligen Kirchenpatrons. Es war die bedeutendste Periode im Schaffen des im Jahr 1874 in Angermünde geborenen Kirchenmalers.
Eine Kontaktaufnahme zum örtlichen Gemeindebüro ermöglichte es, die Kirche schon vor dem großen Jubelkonzert zu erleben. „Hier setze ich mich gerne rein, wenn ich zur Ruhe kommen will und genieße unsere schön ausgemalte Kirche“, meint der im Ort lebende gute Geist der Dergenthiner Kirche. Es handelt sich um ein vollständiges Gesamtkunstwerk, das aus einem Guss entstanden ist – entstehen musste, denn die Dorfkirche brannte 1915 weitgehend aus und war ein Totalschaden. Im Zuge des Wiederaufbaus wurden die Außenmauern verstärkt, ein Tonnengewölbe über dem Kirchenraum eingebaut und eine Patronatsloge auf oberer Ebene angebaut, die von außen zugänglich ist. Überwiegend mit floralen Motiven ornamentiert, enthält die Deckenausmalung einige liebevoll versteckte Details – zumeist christliche Symbole – die der Betrachter beim Zur-Ruhe-Kommen nach und nach entdecken kann. Typisch für die Zeit sind Sprüche, die unter anderem der Offenbarung des Johannes entstammen.
Diese Original-Ausmalung hat es bis in die heutige Zeit ohne größere Schäden geschafft. Einzig die Ausmalung des Ostgiebels musste in den 1990er Jahren erneuert werden, was mit Hilfe einer Malerin derart gut gelang, dass man in ihrem Werk die Hand des alten Meisters vollständig wiederfinden kann.
Im Vorraum zur Kirche finden sich Tafeln für die Gefallenen der Weltkriege. Davon ist die Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen mit Sicherheit von Erich Kistenmacher angefertigt. Er hat sich vor allem mit solchen Kleinaufträgen immer wieder am Leben erhalten, als die Nachfrage nach Kirchenausmalungen zurückging.
Zur Eröffnung des Jubiläums am Freitagnachmittag füllte sich die Kirche langsam mit den Künstlern für das Festkonzert. 750 Jahre der Ersterwähnung in einer Urkunde feierte Dergenthin in diesem Mai 2025. Das ganze Dorf war geschmückt und in eine Art Festmodus versetzt. Originelle Szenen mit ausgestopften Puppen boten sich dem Besucher in den Gärten beim Schlendern über die Dorfstraße. Altes und Modernes reichten sich die Hand. Kreativität und Humor traten deutlich hervor.
Pünktlich um 17 Uhr war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. In der Patronatsloge hatte der Posaunenchor der Perleberger Kantorei Platz genommen. Instrumentalisten und Chorsänger hielten sich bereit, um direkt im Anschluss an den Festgottesdienst, den Pfarrer Valentin Kwaschik hielt, ihren Platz vor dem Altar einnehmen zu können. Das Nachwuchs-Ensemble setzte sich aus jungen Dergenthinern und einem Schüler aus einem Nachbarort zusammen.
So wurde den Zuhörern ein buntes Programm durch den Chor, ein Kinderquartett und ein Jugendstreichensemble der Musikschule geboten, das von einem Dergenthiner und seiner Frau, die beide an der Musikschule als Lehrer tätig sind, geleitet wurde. Am Ende gab es Gelegenheit, den Chor tatkräftig aus den Bänken heraus zu unterstützen.
Ein fröhlicher Auftakt für ein Jubiläumswochenende. Wieder einmal hat eine Musikschule eine wertvolle Kirche für die Öffentlichkeit geöffnet und Menschen zu einer besinnlichen Stunde zusammengebracht. Musik, Kistenmacher-Ausmalung und ein historisches Datum waren mit dieser Auftaktveranstaltung gebührend gefeiert.
Möge dieser Ort in den nächsten 750 Jahren vor Krieg und Schaden bewahrt bleiben und die Kirche ein Ort der Besinnung und des Zusammenhalts bleiben, der seine Besucher zur inneren Ruhe bringt und Gemeinschaft stärkt. Dergenthin hat bewiesen, dass das Konzept von Bernd Janowski – dessen Frau die Uckermärkische Musik- und Kunstschule in Angermünde leitet – aufgeht. Musikschulen öffnen Kirchen und wertschätzen sie. Und ganz nebenbei bringen diese Veranstaltungen Menschen zusammen.
Dietrich von Buch

